Ist das Internet ein Problem für die Umwelt?
Morgens vor der Arbeit noch schnell ein YouTube-Video angeschaut und ein Bild vom Frühstück auf Instagram hochgeladen? Schon sind einige Gramm CO₂ mehr in der Luft. Klingt zunächst etwas überspitzt, ist jedoch knallharte Realität. Die Internetnutzung in Deutschland produziert jährlich so viel CO₂, wie der gesamte Flugverkehr des Landes.
Bei einem Flugzeug oder Auto haben wir durch die Abgase und den Kraftstoffverbrauch einen direkten Bezug zur entstehenden Klimabelastung. Meere voller Plastik und kahle Regenwälder machen es uns beim Einkaufen unmöglich, die Umweltbelastung zu übersehen. Doch bei digitalen Angeboten und Dienstleistungen ist die Distanz zwischen Nutzung und Emission schlichtweg zu groß. Ein Laptop hat ja schließlich keinen Auspuff.
Dabei läuft heute eigentlich nichts mehr ohne das Internet. Pro Tag schreiben wir in Deutschland rund eine Milliarde E-Mails. Eine E-Mail produziert dabei ca. ein Gramm CO₂ und so werden täglich bis zu 1000 Tonnen CO₂ nur für den E-Mail-Verkehr fällig.
Eine Stunde Streaming liegt gleichauf mit einem Kilometer Autofahren. Mal schnell nach der nachhaltigen Alternative zum Einweg-Rasierer googeln, 0,2 Gramm CO₂ bitte. Bei weltweit 3,45 Milliarden Suchanfragen täglich produziert auch das eine riesige Menge an Treibhausgasen.
Klar, durch die Nutzung von E-Papern, E-Books und auch E-Mails sparen wir wichtige Ressourcen wie Papier und Wasser ein. Allerdings reicht das nicht aus, um die Digitalisierung als umweltschonend zu verkaufen. Wir leben in einem Zeitalter, in dem alle Informationen dauerhaft verfügbar sind. Um all diese Informationen im Internet verfügbar zu halten, braucht es auf der Erde Milliarden von Servern. Diese sind in der Regel in großen Rechenzentren aufgebaut und benötigen viel Strom und zusätzliche Kühlung.
Schätzungen zufolge lag die Menge an weltweit “digital” produziertem CO₂ im vergangenen Jahr bei 800 Millionen Tonnen. Das entspricht den jährlichen Treibhausgas-Emissionen Deutschlands.
Doch damit nicht genug, die Tendenz steigt. Durch die zunehmende Digitalisierung wird sich die Internetnutzung und die dafür benötigte Infrastruktur in den nächsten zehn Jahren wahrscheinlich verdoppeln.
Schon im vergangenen Jahrzehnt stieg der Stromverbrauch durch Rechenzentren um 40 %.
Muss ich mich in Zukunft also schlecht fühlen, wenn ich eine E-Mail verschicke?
Natürlich nicht! Anders als bei vielen anderen klimaschädlichen Tätigkeiten gibt es bei der “Teilnahme” am digitalen Informationszeitalter keine Alternative. Trotzdem gibt es da das ein oder andere, was wir alle zukünftig besser machen können.
So sollten wir alle zum Beispiel regelmäßig alte E-Mails löschen und uns von nicht notwendigen Newslettern abmelden. Fotos und Videos, wenn nicht unbedingt nötig, statt in einer Cloud lieber auf externen Festplatten, CDs oder DVDs zu speichern.
Dadurch verbrauchen die gespeicherten Medien nur dann Energie, wenn sie auch wirklich gebraucht werden.
Klar, eine CD ist nicht die Lösung des Problems. Auch für ihre Herstellung werden Ressourcen benötigt. Vielmehr muss ein bewussterer Umgang mit dem Internet gelehrt oder verinnerlicht werden.
Außerdem besteht eine Disc aus Plastik, wird in einem Plastikbehälter aufbewahrt und war beim Kauf wahrscheinlich zusätzlich in Plastikfolie eingepackt. Ganz schön viel Müll!
Deutlich machen das auch die Zahlen der US-Musikindustrie. Seit der breiteren Verfügbarkeit und Nutzung von Musik-Streaming-Diensten hat die Branche 53.000 Tonnen Plastikmüll eingespart. Leider verlief dies Hand in Hand mit dem Anstieg der Treibhausgas-Emission, verursacht durch die Streaming-Server.
Streaming betrifft die meisten von uns wahrscheinlich mit am stärksten. Gerade in Zeiten der Pandemie erleben Streaming-Dienste einen Zuwachs wie nie zuvor.
Um den Filme- oder Musikabend jedoch so nachhaltig wie möglich zu gestalten, haben wir hier ein paar Streaming-Tipps für euch:
- Seid konsequenter in eurem Streaming-Verhalten. Anstatt euch dauerhaft von irgendetwas berieseln zu lassen, entscheidet euch vorher für einen Film oder eine Serie. Wenn euch etwas nicht gefällt, schaltet ab!
- Reduziert die Bildqualität. 8K-Qualität muss nicht immer sein. Für die meisten Laptopbildschirme oder Fernseher ist eine Full-HD-Auflösung völlig ausreichend. Je kleiner das Display, umso weniger hochauflösend muss die Qualität sein.
- Digitales Multitasking vermeiden. Ein Tipp, der nicht nur für die Umwelt, sondern auch für uns selbst wahrscheinlich Gold wert ist. Schaut ihr einen Film oder ein Video, versucht es zu vermeiden, dabei gleichzeitig am Handy zu sein.
- Nicht jeden Tag streamen. Verbringt die Abende vielleicht wieder häufiger mit Lesen anstatt mit Serien.
- Höre Musik nicht über YouTube. Wenn es nur darum geht, ein Lied zu hören, dann solltet ihr versuchen auf YouTube zu verzichten. Dort wird neben der Audio-Datei nämlich auch das Video geladen. Zusätzliche Daten, die nicht gebraucht werden.
- App-Friedhof aufräumen. Löscht die Apps, die ihr nicht mehr benutzt. Durch die Updates dieser “Leichen” werden nämlich auch regelmäßig Daten verbraucht.
Auch außerhalb des Privatlebens fallen viele nicht zwangsläufig notwendige Daten an. Thema Datenduplizierung. So werden E-Mails aus dem Büro z. B. häufig an die private E-Mail-Adresse weitergeleitet. Ist an dieser E-Mail nun auch noch ein Anhang dran, welcher dann zusätzlich heruntergeladen und gespeichert wird, steigt der Energieverbrauch einer einzelnen Mail um ein Vielfaches. Um so etwas zu vermeiden, ist es empfohlen, nur notwendige E-Mails weiterzuleiten und wenn möglich, Anhänge vorher zu entfernen.
Doch wir können als User*innen nicht alleine zur Rechenschaft gezogen werden. Die größte Verantwortung liegt selbstverständlich bei den Unternehmen, die die Rechenzentren betreiben. Auch diese müssen sich bemühen, nachhaltiger zu operieren.
Ein Paradebeispiel ist dafür das Rechenzentrum des TÜV Nord in Hannover. Nach einem Umbau der Serverräume vor vier Jahren spart der TÜV jetzt jährlich gut 750 Tonnen CO₂ ein. Auch der Energieverbrauch der Anlage ist um die Hälfte gesunken. Der größte Teil der Ersparnis kommt aus der Klimatechnik. So werden die Server 98 % der Zeit mit Freiluft gekühlt, eine Methode, die Klimaanlagen fast überflüssig macht. Wird es im Sommer zu heiß, so kommt zusätzlich Verdunstungskälte zum Einsatz. Die Kühl-Aggregatoren werden dafür von außen mit einem kühlen Wasserfilm besprüht.
Andere Unternehmen planen, die entstehende Abwärme der Rechenzentren zum Beheizen von Wohnsiedlungen zu verwenden.
In Frankfurt am Main gehen rund 20 % des gesamten Stromverbrauchs für Rechenzentren drauf, damit könnte fast die gesamte Stadt geheizt werden.
Um der immer größer werdenden Klimabelastung entgegenzuwirken, müssen Unternehmen und auch Politik nachhaltigere Lösungen entwickeln. Doch auch wir haben unseren Teil dazu beizutragen!
Quellen:
Why your internet habits are not as clean as you think. (n.d.). Retrieved January 08, 2021, from https://www.bbc.com/future/article/20200305-why-your-internet-habits-are-not-as-clean-as-you-think
Elisabeth Schmidt. (n.d.). Klickscham statt Flugscham?: Internet produziert so viel CO2 wie Flugverkehr. Retrieved January 08, 2021, from https://www.zdf.de/nachrichten/heute/klickscham-wie-viel-co2-e-mails-und-streaming-verusachen-100.html
Poleshova, A. (2020, June 25). Videostreaming-Dienste - Nutzung in Deutschland 2020. Retrieved January 08, 2021, from https://de.statista.com/statistik/daten/studie/872410/umfrage/nutzung-von-kostenpflichtigen-videostreaming-diensten-in-deutschland/
Infographic: The Carbon Footprint of the Internet. (n.d.). Retrieved January 08, 2021, from https://climatecare.org/infographic-the-carbon-footprint-of-the-internet/
24. August 2020von Katharina SchmidtKategorien: Umweltschutz. (2020, October 22). Streaming-Dienste und CO2: So klimaschädlich sind Netflix, Spotify & Co. Retrieved January 08, 2021, from https://utopia.de/ratgeber/streaming-dienste-klima-netflix-co2/
Person. (2014, May 22). Besuch im Rechenzentrum des TüV Nord. Retrieved January 08, 2021, from https://www.heise.de/ct/artikel/Besuch-im-Rechenzentrum-des-TueV-Nord-2195932.html