World Wide Wärme - die klimafreundliche Heizung aus dem Rechenzentrum?

Rechenzentren sind infrastrukturelle Elemente, welche aus dem Bild einer Stadt nicht mehr wegzudenken sind. Klar ist, dass Rechenzentren viel Energie verbrauchen, doch sie produzieren auch welche: Wärme. Manche Rechenzentren heizen heute schon Wohnungen, Büros oder Algenfarmen. Doch in den meisten Fällen wird die wertvolle Wärme einfach in die Luft geblasen. Ändern ließe sich das durch eine bessere Standortplanung - und durch Wasserkühlung der Server.

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Wer im Hotel Innside im Frankfurter Eurotheum-Hochhaus übernachtet, hat es auch dank des Internets wohlig warm: Ein Rechenzentrum, das weiter unten zwei Etagen belegt, speist 60 °C heißes Wasser in den Heizungskreislauf des Gebäudes ein. Rund 600 MWh (Megawattstunden) Wärme steuern die Server nach Angaben des Betreibers, der Firma Cloud&Heat, jährlich bei. Mit dieser Energiemenge könnte man auch 30 durchschnittliche Privathaushalte ein Jahr lang heizen und mit Warmwasser versorgen. Heizen mit Servern, das ist bislang die Ausnahme. Die allermeisten Rechenzentren pusten ihre Abwärme einfach in die Umgebung. Doch nun will die Politik das ändern: "Wir werden Rechenzentren in Deutschland auf ökologische Nachhaltigkeit und Klimaschutz ausrichten, unter anderem durch Nutzung der Abwärme", heißt es im Koalitionsvertrag der Bundesregierung. Serverfarmen sollten künftig dort entstehen, wo Unternehmen und Wohngebiete die Abwärme nutzen können. Demnach sollten viele Städte ihr Ansiedlungskonzept überarbeiten - und bis dahin keine weiteren Rechenzentren mehr genehmigen.

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Viel heiße Luft

Die Politik ist alarmiert, weil Rechenzentren immer mehr Strom fressen, also auch immer mehr Wärme einfach in die Luft blasen. Nach Berechnungen des Borderstep-Instituts stieg der Stromverbrauch aller deutschen Rechenzentren von gut 10 TWh (Terawattstunden) im Jahr 2010 auf 16 TWh im Jahr 2020, was rund 3 % des gesamten Stromverbrauchs entspricht. Für die nächsten Jahre erwarten Experten eine ähnlich schnelle Zunahme. Server und Kühlungssysteme werden zwar immer effizienter, aber der Bedarf an Rechenleistung und Speicherplatz in der Cloud steigt noch schneller. Gleichzeitig zeigen Beispiele wie das Eurotheum, dass die Nutzung der Serverabwärme nicht nur technisch möglich ist, sondern sich auch rechnen kann. Laut Cloud&Heat spart das System im Vergleich zum Bezug von Fernwärme jährlich rund 65.000 € ein. Das entspreche rund 10 % der gesamten Heizkosten des Hochhauses. Andernorts werden bereits Wohnungen, Turnhallen, Algenfarmen oder Büros von Servern mit Wärme versorgt.

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Klimafreundliche Heizung

Auch beim Klimaschutz kann die Rechnerwärme helfen. Normale Heizkraftwerke verfeuern Kohle oder Gas; Strom stammt in Deutschland immerhin zu gut 40 % aus erneuerbaren Energiequellen. Vor allem in Städten wie Amsterdam, Stockholm oder Frankfurt, in denen viele Rechenzentren stehen, könnte die Serverwärme einen nennenswerten Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leisten. Die Frankfurter Stadtverwaltung beziffert die "nutzbare Abwärme" der örtlichen Rechenzentren auf 642 GWh (Gigawattstunden) im Jahr. Dies entspreche 9 % des Wärmeverbrauchs von Wohnungen, Gewerbe, Handel und Dienstleistungen in der Stadt. 2030 wird der Anteil den Berechnungen zufolge schon bei 27 % liegen. Denn in den nächsten Jahren wird die Leistung der Serverfarmen sich voraussichtlich mehr als verdoppeln, parallel soll der Wärmebedarf der Stadt durch bessere Dämmung sinken. Doch ob die Stadt die von Servern produzierte Wärme wirklich nutzen kann, steht auf einem anderen Blatt. In der Praxis stehen Abwärmeprojekte vor zahlreichen Hürden - nicht nur in Frankfurt.

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Eine Herausforderung liegt in der räumlichen Entfernung zwischen den Serverhallen und den Wärmeverbrauchern. Zwar heizen viele Rechenzentrenbetreiber heute schon ihre eigenen Büros und Aufenthaltsräume im selben Gebäude mit. Doch mit dieser Lösung kann oft nur 1 % der Abwärme genutzt werden, heißt es in einer Studie des NEtzwerks einergieeffiziente Rechenzentren (NeRZ) von 2019.

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Rechenzentren benötigen also größere Wärmeabnehmer in der Nachbarschaft, etwa Wohngebiete, Schwimmbäder oder Gewächshäuser. Große Cloudkonzerne wie Google, Amazon oder Microsoft brauchen allerdings viel Platz und bauen meist auf der grünen Wiese. Zwar kann Wärme auch über dutzende Kilometer mit geringen Verlusten transportiert werden. Doch der Bau neuer Leitungen würde Jahre bis Jahrzehnte dauern und Millionen von Euro kosten. Anders kann es aussehen, wenn die nötigen Fernwärmerohre schon in der Nähe verlaufen. Das zweite große Problem besteht darin, dass die allermeisten Rechenzentren ihre Server mit Luft kühlen. Typischerweise saugen die Computer kalte Luft von vorne an und pusten die erhitzte Luft nach hinten weg. Oft übergeben Klimageräte die Wärme dann an ein Wassersystem. Auf diese Weise wird das Wasser jedoch nur 30, bestenfalls 40 °C warm. Das reicht nicht aus, um Gebäude direkt zu heizen. Vielmehr muss die Temperatur mit einer Wärmepumpe weiter angehoben werden, also mit Strom, der wiederum Geld kostet. Laut der NeRz-Studie rechnet sich diese Methode längst nicht immer: "In Deutschland ist der wirtschaftliche Betrieb von Wärmepumpen aufgrund der Strompreise ein ambitioniertes Ziel und führt in vielen Fällen zu einer Nullrechnung."

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Ein weiterer Faktor ist die Saisonalität. Weil Wohnungen und Büros im Sommer nicht geheizt werden, braucht das Rechenzentrum für diesen Zeitraum ein zweites System zur Abführung seiner Wärme. Das verursacht weitere Kosten. Es muss also viel zusammenkommen, damit Server zum Beispiel Wohnungen heizen. Selbst bei Tech-Giganten wie Amazon, Google und Meta ist die Bereitstellung von Abwärme für Dritte noch die Ausnahme - obwohl die US-Konzerne sich allesamt als Öko-Vorreiter geben, über mehr als genug Kapital für Umweltprojekte verfügen und dutzende riesige Rechenzentren betreiben.

Die Vorteile in puncto Effizienz und Abwärmenutzung sind zu groß, um sie ungenutzt zu lassen, jedoch bedarf es für einen Umschwung klare politische Vorschriften für den Neubau von Rechenzentren und der Nutzung der Abwärme. Die Grundsteine dafür sind bereits gelegt, und so können wir in Zukunft hoffentlich alle davon profitieren.


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