Wie ethisch ist Fischzucht?
Der Fischkonsum steigt seit den 80er-Jahren kontinuierlich. Gerade in wirtschaftlich entwickelten Ländern ist das Wachstum am größten. Dabei ist der Ertrag aus dem (Meeres-)Fischfang unverändert geblieben. Dies liegt daran, dass neben dem Konsum auch die Anzahl der Fischfarmen regelrecht explodiert ist. So kommen mittlerweile gut 50 % des weltweiten Speisefischs aus Fischfarmen.
Ob hier stets im Sinne des Tierwohls gehandelt wird, ist fraglich. Was außer Frage steht ist, dass das Züchten von Tieren zum Verzehr, ethisch immer schwer vertretbar ist. Fakt ist aber auch, dass die Menschheit nicht vom einen auf den anderen Tag aufhören wird Fisch und Fleisch zu essen. Gerade deshalb sollte auch in konventionellen Zuchtbetrieben auf das Tierwohl geachtet werden.
Die Weltmeere sind leergefischt, ist es da nicht gut, dass wir auf Fischfarmen setzen?
Nein, leider ganz im Gegenteil.
Zum einen sind die meisten Fischfarmen nicht besonders artgerecht. Die Tiere leben auf engstem Raum und sind geplagt von Krankheiten, schlechter Wasserqualität und Dauerstress.
Zum anderen wird ein Großteil des Fischfutters aus Fischmehl gewonnen. Fischmehl ist ein Pulver welches aus getrockneten Fischen und Fischteilen hergestellt wird. Dabei wird drei- bis viermal mehr Fisch verfüttert als die Zucht am Ende ausgibt. Aus genau diesem Grund ist die intensive Fischzucht keine Alternative zur "Ausfischung" der Meere, sondern trägt sogar noch dazu bei.
Doch es sind nicht nur Fische, die unter der Massentierhaltung leiden. Auch Krustentiere sind gern gezüchtete Gäste in den Becken der Fischfarmen. Viele werden ausschließlich gezüchtet, um zu Nahrungsmitteln für Zuchtfische oder andere Tiere verarbeitet zu werden. So werden jährlich ca. 2.5 Mio. Tonnen Fisch für die Herstellung von Katzenfutter verwendet.
Egal ob Fisch oder Krustentier, die Ausbeute einer Zuchtperiode soll so hoch wie möglich sein. Dabei werden verschiedene Methoden verwendet, um eine möglichst hohe Reproduktion zu gewährleisten. So werden die weiblichen Tiere in Reproduktionsbecken zunächst mit viel Platz gehalten, damit die Fortpflanzung so reibungslos wie möglich verläuft.
Das Laichen (Eierlegen) der Fische wird oftmals durch die Zugabe von Hormonen eingeleitet. Hierzu dienen beispielsweise Injektionen von Gonadotropinen. Gonadotropin ist ein sexual Hormon, welches die Funktion der Keimdrüsen (Ovarien) stimulieren, und die Fische so zum laichen bringt.
Die abgelegten Eier können im besten Fall von der Oberfläche des Beckens abgeschöpft werden. Oftmals werden die Eier jedoch auf andere Art und Weise gewonnen. Entweder durch das Legen eines Katheters, welcher dazu dient, die Eier aus dem Fisch herauszupumpen, oder durch das Drücken auf den Bauchbereich des Fisches. Beide Methoden sind extrem strapazierend für die Fische.
In speziellen Brutstätten werden die Eier zum Schlüpfen gebracht, wo sie bis nach dem Larvenstadium verweilen. Danach geht es für die Fische oder Krustentiere in den Verkauf zu anderen Fischfarmen, oder aber direkt in sogenannte Vormastbecken. Diese dienen zur Gewöhnung der Tiere an die im Mastbecken herrschenden Platz- und Wasserverhältnisse.
Sind die Tiere groß genug, landen sie schließlich im Mastbecken. Hier geht es darum, möglichst schnell, möglichst große Tiere auf engem Raum zu züchten. Fische haben in solchen Becken oft nur einen Kubikmeter Platz zur Verfügung.
Dieser Platzmangel ist eins, wenn nicht sogar das gravierendste Problem für die Fische. Die fehlende Bewegungsfreiheit verursacht enormen Stress. Einmal durch die vielen Artgenossen, aber auch durch die damit einhergehende schlechte Wasserqualität und den Sauerstoffmangel.
Selbstverständlich steigt durch die schlechte Wasserqualität auch das Risiko für Krankheiten. So wird vorbeugend Antibiotika zugegeben um Infektionen und das Wachstum von Organismen im Wasser zu verhindern. Dies beeinträchtigt die Qualität des Speisefischs, aber auch das Immunsystem der Fische.
Erschwerend kommt hinzu, dass viele Zuchtbetriebe mit künstlicher Beleuchtung den Biorhythmus der Fische stören. So verlängern Züchter*innen die Tage, um die Zeit der Nahrungsaufnahme zu vergrößern.
Mit all diesen Belastungen ist es nicht verwunderlich, dass Krankheiten und Körperdeformierungen zum Alltag eines konventionellen Zuchtbetriebs gehören.
Aus all diesen Gründen ist die Sterblichkeitsrate noch vor der Schlachtung der Fische extrem hoch.
Und als wäre das nicht genug, fällt eine Fischfarm nicht nur dem Tierwohl, sondern auch der Umwelt zur Last. So werden für eine Tonne Zuchtfisch ca. acht Tonnen Wasser verbraucht. Das Brauchwasser wird dann oftmals nicht genügend aufbereitet und gereinigt, und so landet verschmutztes Wasser in den umliegenden Ökosystemen. Ein Problem, das in naher Zukunft immer präsenter werden wird.
Schließlich lässt sich sagen, dass die konventionelle Fischzucht weder eine nachhaltige noch eine ethische Lösung zur Gewinnung von Speisefisch ist.
Lösen lässt sich ein solches Problem nur durch die Änderung unseres Konsumverhaltens. Fisch sollte, wenn im Supermarkt gekauft, immer aus Bio-Betrieben stammen. Grundlegend muss natürlich auch der Konsum von Tierprodukten eingeschränkt werden.
Quellen:
Animal Ethics. (2020, September 29). Fischzucht. Retrieved November 27, 2020, from https://www.animal-ethics.org/von-menschen-verwendete-tiere/ubersicht-tiere-die-fur-die-lebensmittelproduktion-genutzt-werden/fischzucht/
Ethischer Umgang mit Fischen. (2017, February 01). Retrieved November 27, 2020, from https://sfvz.ch/ethischer-umgang-mit-fischen/
Für Ökologie und Ethik in der Fischzucht. (n.d.). Retrieved November 27, 2020, from http://www.fair-fish.ch/de/wissen/zucht/
Massentierhaltung in Aquakulturen. (2020, November 26). Retrieved November 27, 2020, from https://ethikguide.org/infothek/massentierhaltung-in-aquakulturen/