Wie nachhaltig ist Aquaponik?
In der Aquaponik geht es darum, Fische in einem Kreislaufsystem mit Pflanzen zu züchten. Doch ist diese Methode auch wirklich so nachhaltig und ethisch korrekt, wie auf den ersten Blick vermutet?
Die Aquaponik bietet durchaus Chancen, nachhaltig und schadstofffrei Speisefisch und Gemüse zu produzieren. Aber ebenso wichtig ist es, den Aufbau an die Landschaft und die verfügbaren Ressourcen anzupassen. Mit anderen Worten, es gibt viele Gelegenheiten, bei denen Aquaponik eine sinnvolle und nachhaltige Option ist, aber eben nicht bei jeder.
Grundlegendes
Im Hinblick auf die rein wasserbasierte Nahrungsmittelproduktion gibt es zwei Hauptmethoden: die Hydrokultur (Hydroponik) und die Aquakultur (Aquaponik). Die Hydroponik ist eine Methode, bei der pflanzliche Nahrungsmittel in Nährstofflösung angebaut werden, oftmals realisiert als vertikale Farm.
Der perfekte Kreislauf?
Obwohl die Aquaponik sicherlich eine vielversprechende Alternative zur konventionellen Fischzucht ist, ist sie keine perfekte Option. Zwar ist es eine deutlich nachhaltigere Methode Nahrungsmittel herzustellen, ein aquaponisches System muss jedoch regelmäßig von Menschen überwacht und optimiert werden. So kann gleichzeitig aber auch für bessere Lebensbedingungen der Fische gesorgt werden. Ausreichend Platz, sauberes Wasser und qualitativ hochwertiges Futter sind hier die Richtlinien. Selbstverständlich sind im Endeffekt die Betreiber*innen der aquaponischen Anlage dafür verantwortlich, wie es den Fischen geht. Weshalb wir hier keine absolute Aussage treffen können und wollen.
Auch die Aussage, dass die Aquaponik ein geschlossenes Kreislaufsystem ist, trifft nur teilweise zu. Die meisten Systeme sind auf den Import von Fischfutter angewiesen. Dies verursacht sowohl laufende Kosten als auch eine höhere Gefahr der Verunreinigung. Je nach Qualität des Fischfutters ist die Verunreinigung des Wassers natürlich mehr oder weniger stark. Setzt man auf ökologisches und somit "sauberes" Futter, steigen die Kosten.
Da allerdings Großteile des Fischfutters aus der Wildfischerei und von Sojafeldern stammen, ist auch das größtenteils nicht besonders nachhaltig.
Neben den Fischen spielen aber auch Pflanzen eine wichtige Rolle im Kreislauf der Aquaponik. Und auch hier zeigt sich, dass die Bezeichnung "geschlossenes System" nicht in Gänze umzusetzen ist. Denn, Erde ist Erde, und ist voll von Spurenelementen, symbiotischen Beziehungen und Lebewesen. Ein aquaponisches System kann diese Komplexität nicht bieten. Während der Fischmist zwar ein großartiger Grunddünger ist, sind die meisten Pflanzen, wie Grünpflanzen, Tomaten oder Gurken, nicht dazu bestimmt, allein im Wasser zu wachsen. Deshalb müssen zusätzlich Nährstoffe zugegeben werden, um den Geschmack zu sichern.
Wo Aquaponik sinnvoll ist
Keines dieser eben angesprochenen Themen besagt, dass die Aquaponik nicht in die moderne, nachhaltige Nahrungsmittelproduktion passt. Solarenergie bietet erneuerbare Energie, um die Kosten für das Pumpen von Wasser sowohl finanziell als auch ökologisch zu minimieren. Die Nahrung kann, je nach Fisch, aus sauberen, nachhaltigen Quellen stammen, wie z.B. von schwarzen Soldatenfliegenlarven, Würmern, Algen, Wasserpflanzen usw. Der Fischmist ist zwar nicht dasselbe wie ein Erdboden, aber er ist eine gute Alternative zu chemischen Düngern. Elemente wie flüssiger Kompost können hinzugefügt werden, um die fehlenden Nährstoffe nachzuliefern.
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Wirklich lohnenswert ist die Aquaponik in urbanen Räumen, wo die Quadratmeterzahl auf ein Minimum beschränkt und die Produktion intensiver gestaltet werden muss. In Städten können die Anzuchtbeete vertikal über den Fischbecken, gestapelt werden, sodass auf derselben Fläche viel mehr Nahrung produziert werden kann. Durch die Integration in eine vertikale Farm, bietet die Aquaponik genau da Vorteile, wo Land und Platz teuer sind. An einem solchen Standort spielt diese Art der ertragreichen Produktion eine größere Rolle als die Vielfalt an Gemüse und Obst, die ein typischer, gut gestalteter Permakultur-Standort auf dem Land haben könnte.
Permakultur beschreibt ein nachhaltiges landwirtschaftliches Konzept, das darauf basiert, die natürlichen Kreisläufe eines Ökosystems nachzuahmen. Es wurde in den 1970er Jahren als Gegenentwurf zur industriellen Agrarwirtschaft entwickelt.
Zurück zur Aquaponik: Diese Anlagen sparen nicht nur Platz im städtischen Raum. Sie reduzieren auch die Transportwege enorm. Ein weiterer wichtiger Punkt, der die Tragbarkeit einer solchen Anlage in urbanen Räumen rechtfertigt.
Wo es vielleicht fehl am Platz wäre
Auf der anderen Seite sind die meisten aquaponischen Systeme keine echten Ökosysteme, sie sind also nicht in der Lage sich eigenständig aufzubereiten und zu versorgen. Es handelt sich um ein vom Menschen betriebenes und gemachtes Landwirtschaftssystem, das viel Zeit und Aufmerksamkeit erfordert. Ganz im Gegensatz etwa zu einem Damm oder einer Reihe von Teichen. Diese können zu einem selbsttragenden Systemen verbunden werden von dem wir Pflanzen, Fische, Krustentiere und reichlich Bewässerungswasser ernten können. Für so ein natürliches System werden aber ebenfalls die richtigen Bedingungen, wie Platz, Teiche und Bäche als auch das passende Klima benötigt.
Wenn der Raum für kleine Teiche und Dämme zur Verfügung steht und das Klima für ertragreiche Pflanzenzucht geeignet ist, dann ist es natürlich viel sinnvoller, diesen Weg zu gehen. Das Investment, sowohl monetär als auch zeitlich ist deutlich geringer, während der Ertrag verhältnismäßig deutlich größer ist. Es ist ein besserer Kompromiss für die Umwelt, vor allem, wenn sie keine importierten Ressourcen (Futter, Dünger etc.) benötigen. In diesen Systemen können Köderfische, Krustentiere, Insekten und anderes Fischfutter ständige Bestandteile des Systems sein, ebenso wie Wasservögel und Wasserpflanzen. Das gedüngte Wasser kann weiterhin für die Bewässerung von schwimmenden und/oder terrestrischen Gärten verwendet werden. Die Ränder der Teiche können als eine weitere hochproduktive Fläche, ähnlich wie bei der Hydroponik, genutzt werden. Hier ist die Aquaponik ganz klar im Nachteil, solche Bedingungen sind allerdings auch selten gegeben.
Ist Aquaponik die richtige Wahl?
Wie jede andere Permakulturtechnik ist die Aquaponik je nach den Umständen die richtige Wahl und gleichzeitig nicht die richtige. Sie ist eine tolle Methode, um im urbanen Raum frischen Fisch und frisches Obst und Gemüse anzubauen, aber sie erfordert tägliche Besuche und ständige Aufmerksamkeit, selbst wenn alle Schritte automatisiert sind. Auf dem Land, wo der Platz nicht so eine große Rolle spielt, muss es kein aquaponisches System in diesem Stil sein. In städtischen Gebieten und Vorstadtvierteln jedoch, wo Wasser einfacher und billiger, Platz aber viel teurer, zu beschaffen ist als auf dem Land, könnte es genau das Richtige sein.
Was nicht vergessen werden darf, ist, dass die Aquaponik keine magische Antwort auf alle Ernährungsprobleme der Welt ist, sondern einfach ein weiteres Werkzeug, das bei der Suche nach einem besseren Ansatz für die Koexistenz zwischen Mensch und Planeten eingesetzt werden kann.
Quellen:
Aquaculture Stewardship: Ethical, Humane, Conscientious Development. (2020, August 06). Retrieved November 11, 2020, from https://www.onecommunityglobal.org/aquaculture/
Engels, J. (2018, April 20). Is Aquaponics the Right Choice? Retrieved November 11, 2020, from https://www.permaculturenews.org/2018/04/20/aquaponics-right-choice/
Permaculture Masterclass: A Four-Part Series :: Video 1. (n.d.). Retrieved November 11, 2020, from https://www.discoverpermaculture.com/video-1-pdc-2019