Bio-Siegel im Vergleich

6. Sep. 2023

Wer Bio kauft, erwartet gesunde, umweltfreundliche und nachhaltige Produkte. In der Regel ist das auch so, da die Begriffe "Bio" und "Öko" laut EG-Öko-Verordnung geschützt sind. Doch ab wann gilt ein Lebensmittel eigentlich als biologisch?

Bio-Lebensmittel sind Produkte aus ökologischer Landwirtschaft. Diese dürfen nicht gentechnisch verändert sein und werden ohne Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln, Kunstdünger oder Klärschlamm angebaut. Tierische Lebensmittel müssen von Tieren stammen, die aus, nach EG-Öko-Verordnung, artgerechter Haltung und Zucht, ohne Verwendung von Antibiotika und Wachstumshormonen stammen. Allerdings darf das Endprodukt bis zu 5 % nicht ökologisch erzeugte Zutaten enthalten.

Nachhaltige Ernährung - so funktionierts | gustar.io
Hier erfährst du, wie du mit kleinen Schritten einen großen Unterschied für dich und die Umwelt machst.

Worauf muss beim Einkaufen geachtet werden?

Um euch das so einfach wie möglich darzustellen, sind die Bio- und "Nicht-Bio"-Siegel hier in vier Kategorien unterteilt:

Klasse 1 umfasst Siegel, bei denen die Betriebe neben den Anforderungen der EG-Öko-Verordnung, noch mehr für die Umwelt und das Tierwohl tun.

  • Bioland

Bei Bioland handelt es sich um Deutschlands (flächenmäßig) größten Anbauverband. Der 1971 gegründete Verband beruft sich auf sieben Prinzipien des Anbaus: Kreislaufwirtschaft, Bodenfruchtbarkeit fördern, artgerechte Tierhaltung, wertvolle Lebensmittel, natürliche Lebensgrundlage bewahren, biologische Vielfalt fördern, Menschen eine lebenswerte Zukunft sichern.

  • Biopark

Der Biopark e.V. ist ein Anbauverband aus Mecklenburg-Vorpommern. Als zweitgrößter Anbauverband Deutschlands setzt Biopark sich für bessere Haltungsbedingungen für Nutztiere, den Schutz der Landschaft durch Verzicht auf synthetische Stickstoffdünger, sowie die Entwicklung strukturschwacher Regionen durch die Schaffung von Arbeitsplätzen und Transparenz, ein.

  • Naturland

Der Naturland - Verband für ökologischen Landbau e.V. wurde 1982 mit dem Ziel gegründet, ökologische Landwirtschaft global zu fördern. Mit weltweit ca. 65.000 Mitgliedern zählt er zu den größten Anbauverbänden. Neben strikten ökologischen Richtlinien, pflegt Naturland diese sieben Prinzipien: Sozialrichtlinien, verlässliche Handelsbeziehungen, faire Erzeugerpreise, regionaler Rohstoffbezug, gemeinschaftliche Qualitätssicherung, gesellschaftliches Engagement und Unternehmensstrategie und Transparenz.

  • Ecoland

Im Jahr 1997 wurde Ecoland von Hohenloher Bio-Bauern gegründet. Ziel war es, einen ökologischen Anbauverband zu schaffen, der naturgemäßen Landbau im Sinne des Natur- und Umweltschutzes, des Erhaltes der Kulturlandschaft und der Stärkung des ländlichen Raumes fördert. Ecoland ist im Bereich der Verbraucheraufklärung, Öffentlichkeitsarbeit und Vertretung der agrarpolitischen Interessen im Ökolandbau tätig und trägt in dieser Weise zur Förderung des Ökolandbaues bei.

  • Ecovin (Wein)

Ecovin e.V. ist ein Bundesverband ökologisch arbeitender Weingüter in Deutschland. Mit 245 Mitgliedsbetrieben ist Ecovin Deutschlands größter Anbauverband, der sich ausschließlich auf ökologischen Weinbau spezialisiert hat.

  • Demeter

Demeter ist der älteste Bio-Anbauverband Deutschlands. Bereits 1924 schlossen sich Betriebe zusammen, welche biologisch-dynamische Landwirtschaft betrieben. Diese folgt Konzepten, basierend auf der spirituell-esoterischen Weltanschauung der Anthroposophie Rudolf Steiners. Dabei spielt die ganzheitliche Sicht auf Natur und Umwelt beim Erzeugen der Produkte eine große Rolle.

  • Biokreis

Biokreis e.V. – Verband für ökologischen Landbau und gesunde Ernährung wurde 1979 in Passau gegründet. Als bundesweit tätiger Verband legt er besonderen Wert auf eine basisdemokratische Organisation, die durch das Zusammenwirken von ehrenamtlichen Praktikern im Vorstand und hauptamtlichen Beratern ermöglicht wird.

  • Gäa e.V. ökologischer Landbau

Der Verband Gäa e. V. schloss sich 1989 zusammen, um den biologischen Anbau in den neuen Bundesländern zu verbessern und zu fördern. Dabei liegt Gäa der Gedanke zugrunde, die Vielfalt der Erde zu schützen.

Klasse 2, sind die Siegel, die nach der EG-Öko-Verordnung verteilt werden. Das deutsche Bio-Siegel wurde 2001, das europäische 2010 verbindlich eingeführt.

  • Staatliches Bio-Siegel

Das sechseckige deutsche Bio-Siegel hält sich an die Kriterien der EG-Öko-Verordnung. Dabei müssen Lebensmittel, die aus mehreren Zutaten zusammengesetzt sind, mindestens zu 95 % aus biologisch angebauten Produkten bestehen.

  • Europäisches Bio-Siegel

Das europäische Bio-Siegel hält sich an dieselben Kriterien, wie das deutsche Siegel. Durch das europäische Siegel soll ein breiterer Markt für Bio-Produkte geschaffen werden. Mittlerweile haben auch viele Nicht-EU-Länder ihre Verordnungen nach dem europäischen Bio-Siegel ausgelegt.

Vergleich der Kriterien von Bioland und der EG-Öko-Verordnung:

Klasse 3 zeigt Siegel, welche zwar nicht auf ökologische Herstellung hinweisen, jedoch empfehlenswerter sind als Produkte ohne. Hier wird zum Beispiel mehr Wert auf das Tierwohl gelegt:

  • Neuland

Zwar ist Neuland kein Bio-Siegel, jedoch hat sich diese Marke zur Aufgabe gemacht, artgerechte Tierhaltung und das Tierwohl zu fördern. Diese Kriterien sind der Maßstab dafür: Haltung auf Stroh ohne Fixierung, Auslauf ins Freie bzw. Weidehaltung, Tageslicht im Stall, ausschließlich regionale Futtermittel, Verbot von gentechnisch veränderten Futtermitteln, keine präventive Antibiotikabehandlung, bäuerliche Landwirtschaft mit Bestands- und Flächenobergrenzen,

  • Ohne Gentechnik

Das "ohne Gentechnik"-Siegel kennzeichnet Lebensmittel, die nicht gentechnisch verändert sind. Als gentechnisch verändert gilt ein Organismus, dessen Erbanlagen gezielt modifiziert wurden. So können beispielsweise gezielt Resistenzen gegenüber Herbiziden oder Insekten ausgeprägt werden.



Klasse 4 sind Siegel, die nichts mit biologischer Landwirtschaft zu tun haben und Verbraucher_innen sogar hinters Licht führen könnten:

  • Rainforest Alliance

Das Siegel der Rainforest Alliance steht weder für Bio, noch für faire Arbeitsbedingungen. Es steht lediglich für gewisse soziale und ökologische Standards im konventionellen Anbau, die leider nicht immer eingehalten werden. So war, laut einer Untersuchung des Verbandes Oxfam, die Gewerkschaftsfreiheit in vielen Betrieben der Rainforest Alliance nicht gewährleistet. Mittlerweile scheint Rainforest Alliance jedoch aktiv etwas für faire Arbeistbedingungen zu tun.

  • QS-Prüfzeichen

Die QS Qualität und Sicherheit GmbH wurde 2001 nach der BSE-Krise gegründet, um die Qualität und Sicherheit von Lebensmitteln zu gewährleisten. Die Teilnahme am QS-Prüfsystem ist freiwillig und basiert auf einem drei Stufen Prinzip. Durch die enge Verbindung zwischen Zeichengeber_innen und Zeichennehmer_innen ist QS jedoch nicht interessenunabhängig und somit nur bedingt zu empfehlen.

  • Initiative Tierwohl

Mit der Initiative Tierwohl setzen sich Unternehmen und Verbände aus Landwirtschaft, Fleischwirtschaft und Lebensmitteleinzelhandel gemeinsam für tiergerechtere und nachhaltigere Fleischproduktion ein. Jedoch sind die Anforderungen nur wenig besser als die gesetzlich vorgeschriebenen. Viel mehr wird den Verbraucher_innen suggeriert, mit dem Kauf von Fleisch aus zertifizierten Betrieben, etwas Gutes zu tun und die Umstände der Fleischproduktion zu verbessern. Dass das Fleisch trotzdem aus Massentierhaltung stammt, ist so schnell vergessen.

Greenwashing ist ein Marketingtrend um Verbraucher_innen hinters Licht zu führen

Das Verwenden solcher Siegel kommt Supermärkten und Lebensmitteleinzelhändler_innen sehr gelegen. Sie suggerieren den Verbraucher_innen eine hohe Qualität des Produktes, heben sich aber nur in den seltensten Fällen von den gesetzlichen Mindestanforderungen ab. Verpackt man die Lebensmittel oder Kosmetika jetzt noch in einer grünen oder naturfarbenen, möglichst natürlich wirkenden, Verpackung ist die Illusion perfekt. Und damit nicht genug: auch neben geschützten Begriffen, wie Herkunftsangaben oder "Bio" und "Öko"-Kennzeichnungen, gibt es zahlreiche eher irreführende Begriffe.
Stehen zum Beispiel Worte wie: "natürlich" oder "naturnah", "aus umweltschonender Landwirtschaft" oder "aus Freilaufhaltung" auf der Verpackung, hat das überhaupt nichts zu bedeuten.

Bei der Suche nach möglichst nachhaltigen Lebensmitteln sollte jedoch nicht immer nur auf ein Bio-Siegel geachtet werden. Viele Betriebe produzieren Lebensmittel in Bio-Qualität, sind jedoch nicht in der Lage, die teilweise hohen Umbaukosten zu tragen. Denn wer Bio produzieren will, muss die Kriterien dafür erfüllen. So hätte eine vertikale Farm aktuell sicherlich kein Bio-Siegel, würde jedoch nachhaltiges und frisches Gemüse, frei von Schadstoffen produzieren.

Dein Leitfaden zu Vertical Farming
Wie sieht die Zukunft der Landwirtschaft aus? Vertical Farming bietet eine interessante Lösung. Erfahre hier wie Diese aussieht.

Wer also Bio kaufen will, sucht am besten nach den Bio-Siegeln der 1. und 2. Klasse. Natürlich aussehende Verpackungen und sanfte Worte sind zwar schön, aber noch lange nichts, worauf man sich verlassen sollte.

Quelle:

EU-Öko-Verordnung. (n.d.). Retrieved October 06, 2020, from https://www.boelw.de/themen/eu-oeko-verordnung/
Die wichtigsten Bio-Siegel im Überblick. (2014, April 24). Retrieved October 06, 2020, from https://eatsmarter.de/ernaehrung/news/bio-siegel
Verordnung (EG) Nr. 834/2007 (Öko-Verordnung). (n.d.). Retrieved October 06, 2020, from https://de.wikipedia.org/wiki/Verordnung_%28EG%29_Nr._834/2007_%28%C3%96ko-Verordnung%29
Öko-Verbände und -Standards im Vergleich. (n.d.). Retrieved October 06, 2020, from https://www.oekolandbau.de/erzeuger/umstellung/oeko-verbaende-und-standards-im-vergleich/
Neuigkeiten vom Zertifizierungsprozess der Rainforest Alliance. (2017, July 18). Retrieved October 08, 2020, from https://www.oxfam.de/ueber-uns/aktuelles/2017-03-30-neuigkeiten-zertifizierungsprozess-rainforest-alliance
Kolakowski, V. (2011, January 12). - QS-Siegel in der Kritik. Retrieved October 08, 2020, from https://www.deutschlandfunk.de/qs-siegel-in-der-kritik.697.de.html?dram%3Aarticle_id=77793

Tags

Tillmann Stickler

Wort-Jongleur mit dem Anspruch euch wissenschaftlich fundierte, aber verständliche Artikel über den Planeten Erde, Landwirtschaft und Ernährung zu präsentieren.